Agnes Harnisch Agnes Harnisch

Die Hohe Tour die 2.

oder “Die sozialverträgliche Variante”

18. Januar 2017

Die Hohe Tour die 2. oder Zitat: „Die sozialverträgliche Variante“

Die Wettervorhersagen sind traumhaft, die Schneebedingungen so ideal wie schon lange nicht mehr, der Abbruch vor einer guten Woche wurmt – also reift der Plan erneut zu starten. Schnell finden sich spontan noch zwei Mitläuferinnen und so wird der Start für einen neuerlichen Versuch auf Mittwoch, den 18.01.2017, 6:40 Uhr, mit dem Bus 360 ab Hauptbahnhof terminiert.

Genauso wie am Samstag Morgen vor einer guten Woche ist hier in der Dunkelheit ein besonderes Dresdner Phänomen zu beobachten. Wie aus dem Nichts kommend stehen plötzlich verschiedene Menschengruppen mit Ski in der Hand an der Bushaltestelle, ein kurzer Blick rundherum stellt klar, sie haben alle ein gemeinsames Ziel – die Hohe Tour.

Klar sind es nicht ganz so viele wie am Wochenende, aber allein sind wir nicht auf der Strecke. Kurzer Check: Mit uns drei Frauen steht eine weitere Dreier-Frauen-Gruppe und eine Sechser-Männer-Gruppe an der Bushaltestelle, in Altenberg steigt noch ein Skifahrer hinzu – so sind es wohl die 7 Schwaben, äh Skifahrer..? Na, jedenfalls scheinen es im Sommer auch Kletterer zu sein.

Der Ausstieg ist für alle gleich - Am Wendeplatz in Zinnwald um 8:00 Uhr. Wir nunmehr 6 Frauen finden uns bereits jetzt zum ersten Mal ganz natürlich zu einer Gruppe zusammen.

„Ich habe da 7 Männer im Bus gesehen... die werden wir wohl gepflegt vornweg gehen lassen zum Spuren.“ Das ist die Ansage, die wir durch einen etwas ungenauen Einstig in die Tour direkt umsetzen können. Die Gruppen Skiläufer verteilen sich auf der Strecke, die Spur ist vorhanden, die Temperaturen nicht zu weit unter dem Nullpunkt, ideale Schneebedingungen ohne zu kalt zu sein. Zwei langsamere Kandidaten aus der Männergruppe spalten sich auf halber Strecke zum Mückentürmchen ab, sie lassen wir zügig hinter uns – hoffentlich ist der Rest der Männergruppe flott genug – denn die vorgezogene Spur ist schon Luxus.

Ganz entspannt sind wir ca. 9:20 Uhr am Mückentürmchen, die Männergruppe ist schon da. Das erste Bier wird geöffnet? Die andere Frauengruppe (die Autokorrektur des Handies hat daraus eine „Grauengruppe“ gemacht – kann nur ein Mann programmiert haben!) kommt kurz nach uns. Auf dem Weg nach Adolfov kommt die Sonne raus - herrliche Bedingungen. Hier in Adolfov „trennen“ sich unsere Spuren, die Männer nahmen offensichtlich die Waldvariante, wir nun in weiblicher 6er Gruppe die wärmere, da sonnenbeschienene Wiesenwaldrandvariante. Hier heißt es selbst spuren, die sonst immer vorhanden Loipe wurde von Wind und Schnee verweht. Dank GPS klappt auch der „Blindflug“ querfeldein zur Baumgrenze. Der Durchschlupf durch Zaun und Wald ist auch kein Problem, das hatten wir ja letzte Woche erst. Die Überquerung der Straße ist dann schon eher eine Hürde, die Schneewände entlang der Straße sich beachtlich gewachsen. Die Orientierung ist leicht, immer am Waldrand entlang geht es bis zur nächsten Straßenquerung. Hier am Sendemast - Wo ist der Sendemast? Wie so oft im Nebel sieht man ihn erst wenn man direkt davor steht! – kommen Wald- und Wiesenvariante wieder zusammen. Am See, kurzer Trinkstopp, ein Müsliriegel hinterher – wir haben es ca. 11:30 Uhr. Hier lassen wir die andere Frauengruppe mal vorneweg, später laufen wir eine ganze Strecke gemeinsam. Der Begriff der „sozialverträglichen Variante“ der Hohen Tour wird geprägt. Es ist sogar Zeit, daß eine oder andere Foto zu schießen. 

Ungeachtet dessen habe ich das Gefühl, daß es heute recht flott vorwärts geht. Was für ein Anblick, jedes Mal wieder berauschend, die Tisáer Wände im Sonnenschein.

Immer noch recht entspannt erreichen wir Tisá. Hier wird von uns doch noch ein Experiment eingefügt, wir suchen den Weg auf halber Höhe entlang der Felsen. Dieser Versuch endet in irgendeinem Tisáer Gartengrundstück und wird mit Übersteigen des Gartenzaunes in Richtung oberer Straße abgebrochen. So ist die zweite Frauengruppe an der Turistická Chata wieder vor uns. Aber während wir hier die notwendige Mittagspause einlegen, laufen sie noch weiter bis zur Kneipe in Schneeberg. Die Männergruppe ist natürlich schon da und verläßt das Lokal pünktlich ca. 30 min vor uns um weiterhin so zuverlässig die Spur zu legen. ;-)

Wir dehnen den Aufenthalt ebenfalls nicht unnötig in die Länge und sind 14:15 Uhr wieder in der Spur. Die Strecke rüber zum Schneeberg haben wir auch dieses Mal nicht geschafft zu begradigen und laufen die „Rechtsrum-entlang-der-Loipe-Variante“. Schräg übers Feld führt eine Spur zur Aufstiegsstraße zum Schneeberg. Sollte die Männergruppe tatsächlich nicht auf den Schneeberg sondern auch drumrum gegangen sein? Ja, sie sind es! Das wird deutlich an der zuverlässig gelegten Spur und ich bin zutiefst dankbar dafür! So geht es doch flott und gleichmäßig weiter dahin. Nur der rechte meiner Ski hat sich entschieden den Schuh nicht mehr von sich zu geben, die Bindung ist vereist und wackelt beängstigend am Ski herum – hoffentlich hält sie bis zum Ende durch!

Hinter Maxicky – kurz vorm Böhmischen Tor holt uns dann die Dunkelheit ein. Noch ein kurzer Stopp, dicke Handschuhe anziehen, Stirnlampe rausholen. Was ist das? Stimmen aus dem Dunkel! Die zweite Dreier-Mädel-Gruppe ist wieder da und so fahren wir fröhlich den Rest der Strecke gemeinsam. Auf der langen Geraden vom Großen Zschirnstein abwärts schleicht sich von hinten ein großer Holzlaster an, diese Holztransporte haben den Fahrweg vereist und teilweise den Dreck aus dem Untergrund aufgewühlt, so daß ein kurzes Stück gar nicht fahrbar ist. Die Skibindungen sind nun beide festgefroren – so das ein kompletter Schuhwechsel angesagt ist. An der Kurve unten Schuhwechsel nochmal zurück in die Ski und nun kommt die wirklich geniale Variante rechts um den Zirkelstein herum quer über das Feld. Bis zum Schluß freuen wir uns über diese außergewöhnlich guten Schneeverhältnisse, die diesen Rechtsschwenk möglich machen.

„Brauchst Du heißen Tee?“ Das ist der Satz des Tages! Nein. Ich, wechsel komplett und laß die Schuhe an den Ski einfach dran! Es ist 18:10 Uhr und wir müssen „nur“ noch das Stück Straße hinab zum Bahnhof Schöna. Mit den Laufschuhen geht es dann auch flott hinunter, so daß wir allesamt 18:35 Uhr in der S-Bahn in Richtung Dresden sitzen. Das GPS stoppt 18:24Uhr bei 52,2 km und 10:21h.

Ich bin immer noch tief beeindruckt von dieser wunderbar entspannten Variante der Hohen Tour, die nirgendwo zum Krampf wurde, gleichfalls von dem energetischem KnockOut eine Woche vorher – woher auch immer das kam. Dankbar für die fröhliche weibliche Begleitung – es war wunderbar mit euch und nach wie vor für die Ski-Wachs-Hilfe, die auch diese Woche noch wirkte!

 Agnes, 19.01.2017

Weiterlesen